3. Advent: Kerze der Freude
Yes! Zum 3. Advent zünden wir die Kerze der Freude an. Das ist mal eine Kerze, die ich so richtig, richtig gerne anzünde.
Nicht etwa, weil ich eine verkappte und naive Optimistin bin, die alles im Leben happy-clappy sieht und sich von all den glitzernden Weihnachtskugeln blenden lässt. Ich bin mir durchwegs bewusst, dass es gerade die Weihnachtszeit ist, in der unsere Gefühle in alle Richtungen ausschlagen und «O du fröhliche» in vielen Fällen ehrlicherweise «o du anstrengende» oder «o du einsame» heissen sollte.
Schliesslich sind all die Herausforderungen und Dynamiken in Familien (ja, allgemein im Leben!) nicht plötzlich weg, nur weil wir Weihnachten feiern. Sie pausieren nicht. Wir versuchen höchstens, sie dem Frieden zuliebe einen Tag lang auf die Seite zu schieben und einigen von uns würde dank dieser Glanzleistung eine Oscar-Nomination zustehen…
Zünden wir nun also die Kerze der Freude an und spielen dabei etwas vor? Ist das die Weihnachtsbotschaft von Freude? Dass man eine Zeitlang so tut, als ob? Und dabei noch der Anspruch hochkommt, dass zumindest gegen aussen alles perfekt auszusehen hat?
Das klingt ziemlich anstrengend…
Umkämpfte Freude
Ich persönlich möchte nicht einfach Freude aufsetzen. Und ich scheitere ehrlich gesagt auch daran, mich mit Positive Vibes glücklich zu denken. Dazu bin ich zu fest Realistin.
Der Psychologe Paul Ekman hat in seiner Forschung über Gefühle 7 Basisemotionen definiert. Dazu gehören neben der Freude noch Traurigkeit, Angst, Ekel, Wut, Überraschung und Verachtung. Ist es nicht spannend, dass Freude dabei die einzige Emotion ist, die wir ausschliesslich positiv werten? Wir scheinen schon rein psychologisch gesehen am kürzeren Hebel zu sein, wenn Freude das vorherrschende Gefühl in unserem Leben sein soll. Fast ein bisschen unfair, oder?
Und doch. Gerade deshalb, möchte ich mich bewusst damit auseinandersetzen, wie ich nachhaltige Freude in meinem Leben erfahren darf. Ich will für Freude kämpfen.
Das bedingt, dass ich sie vielleicht auch dort suche, wo ich sie nicht erwarte. In den Bereichen im Leben, in denen andere Gefühle vorherrschen.
Eines der grössten Missverständnisse, das wir mit Freude haben, ist, dass wir meinen, sie dürfe nicht neben Trauer, Angst und Sorgen co-existieren. Aber unsere Gefühle lassen sich oft nicht geordnet erleben. Sondern in einem chaotischen Miteinander. Und wir können sie auch nicht per Knopfdruck ein- und ausschalten (das wär mal was!).
Auch wenn die Psychologie zeigt, dass Freude eine emotionale Herausforderung ist, bietet die biblische Botschaft noch eine andere Perspektive:
Verheissene Freude
Ich möchte dich nochmals mitnehmen in die kalte Nacht als Jesus geboren wurde, zu den Hirten auf dem kargen Feld (falls du noch nicht dort warst: hier ist der Text zum 2. Advent).
Für die Hirten war es eine weitere Nacht draussen, in ihrem brotlosen Job. Und dann plötzlich ein Licht am Himmel:
Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie, und sie fürchteten sich sehr. Aber der Engel sagte zu ihnen: »Habt keine Angst! Ich habe eine grosse Freudenbotschaft für euch und für das ganze Volk. Heute ist euch der Retter geboren worden, in der Stadt Davids: Christus, der Herr!» (Lukas 2,9+11)
Die Hirten liessen für diese Freudebotschaft alles stehen und liegen und machten sich mitten in der Nacht auf zu dieser Krippe.
Sie begegneten Jesus. Diese Begegnung, diese Freudebotschaft, schien sie nachhaltig zu verändern. Auch wenn sie danach wieder in ihren normalen, vielleicht trostlosen Alltag zurückkehrten.
Auch mir gilt diese leise Aufforderung: «Freue dich. Den dir ist heute der Retter geboren!»
Mitten in meine Umstände. In meine kalte und karge Nacht. In all das hinein, was mich beschäftigt und umtreibt.
Tim Keller, ein kürzlich verstorbener amerikanischer Theologe hat mal gesagt:
«Die Art von Freude, die man wirklich braucht, sagt die Bibel, ist die Art von Freude, die das Ergebnis von Tränen ist. Es gibt eine Art von Freude, die durch das Vermeiden von Tränen entsteht. Das verändert dich nicht wirklich. Es gibt aber eine Art von Freude, die durch Tränen kommt, die wirklich etwas bewirkt.»
Freude einladen
Diese Freude ist nicht einfach ein kleiner Glücksmoment im Leben. Auch nicht ein Gefühl, das kommt und geht. Die Freude, die Gott uns schenken möchte, ist eine tief verankerte Zuversicht, die in dieser Nacht in Bethlehem ihren Ursprung hat. Damals, als Hoffnung auf die Welt gekommen ist, die uns einen inneren Frieden geben möchte. Mitten in unser chaotisches Leben hinein. Auf diesem Fundament darf als Frucht Freude am Leben und an Gott entwachsen.
Und deshalb zünde ich diese Kerze gerne an. Weil ich diese tiefe Freude bewusst in mein Leben einladen möchte.
Unsere Hirten kehrten nach dieser Begegnung zurück auf ihre Felder:
«Die Hirten kehrten zu ihren Herden zurück und priesen Gott und dankten ihm für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genauso gewesen, wie der Engel es ihnen verkündet hatte.» (Lukas 2,20)
Diese Freudebotschaft scheint ihre Lebenshaltung zu verändern – und davon kann ich lernen:
1: Staunen
Ich möchte im Alltag bewusst innehalten und mich staunend zu dieser Krippe begeben und mich daran erinnern, dass Gott Mensch wurde, um uns zu begegnen.
2: Gemeinschaft pflegen
Die Hirten blieben zusammen. Sie teilten ihre Freude über das Erlebte. Auch ich brauche Menschen, mit denen ich Freude im Leben teilen kann.
3: Dankbarkeit üben
Auch dann, wenn die äusseren Umstände nicht perfekt sind, will ich mir überlegen, für was ich dankbar sein kann und dieser Freude bewusst Raum geben. Freude darf neben anderen Gefühlen co-existieren.
Mit diesen Gedanken zur Freude, wünsche ich dir eine schöne 3. Adventswoche.
2 Antworten
Liebe Janine, herzlichen Dank für deine Gedanken zum 3. Advent.
Der Gedanke von Zufriedenheit und Dankbarkeit, bewegen mich schon über längere Zeit. Wer hat schon solch grossen Grund um dankbar zu sein wenn nicht wir als Christen?! Wir haben einen liebenden Vater der uns von allen Seiten umgibt und so können wir geborgen in seinen liebenden Armen sein. Er hat uns Rettung gebracht!
Ich wünsche dir eine gesegnete Weihnachtszeit und Gottes Segen.
Liebe Grüsse
Brigitte
Liebe Brigitte
Herzlichen Dank für dein Feebback und deine Gedanken zum 3. Advent. Mega spannend, dass dich Zufriedenheit und Dankbarkeit auch schon länger beschäftigen. Und ja: gerade wir Christen haben grossen Grund zur Dankbarkeit und Freude! Was für ein Geschenk!
Dir auch eine gesegnete und freudige Adventszeit!
Herzlich
Janine