innere und äussere Narben

sichtbare und unsichtbare Narben

Eines unserer Kinder hat vor einigen Jahren eine grosse Narbe als Souvenir von unseren Familienferien mit nach Hause genommen.

Abenteuerlich auf einer einsamen Insel ist es passiert: Wir verbrachten eine Woche mit Freunden auf ihrem Segelboot. Irgendwo im Nirgendwo. Abseits der Zivilisation. Immer mal wieder legten wir bei einer unbewohnten Insel an und begaben uns auf Erkundungstour. Mit dem Ziel, einen unentdeckten Schatz zu finden – oder auch einfach nur, um die lebendigen Kinderbeine zu ermüden. Auf überwucherten Trampelpfaden stapften wir voran. Bis eines unserer Kinder unglücklich auf einen Stein stürzte und sich das Knie ganz arg aufschlug.

Wären wir in der Nähe von einem Arzt gewesen, hätte die klaffende Wunde genäht werden können und die Narbe wäre schön verheilt. So jedoch mussten wir selbst bedarfsmässig „basteln“- und man sieht bis heute, dass die Wunde nicht fachmännisch versorgt wurde.

Die zurückgebliebene Narbe wird zwar über die Jahre sicherlich verblassen und feiner werden. Gleichzeitig wird sie ein Leben lang eine Geschichte erzählen. Vom Abenteuer auf einer unbewohnten Insel.

Innere Narben

Als mir die Narbe bei unserem Kind letzthin wieder auffiel, schweiften meine Gedanken zu den Narben in meinem Leben.

Da wäre die gloriose Story mit den Rollschuhen, die ich als Kind zu Weihnachten bekommen habe. Ich trug die Rollschuhe in den HÄNDEN und prallte damit in einen Türrahmen. Meine Lippe musste daraufhin genäht werden.

Es gibt jedoch auch Narben, die sieht man nicht von Aussen.

Bei mir, wie bestimmt auch bei dir.

Sie stammen von Verletzungen, die unsere Seele erlitten hat.

Auch diese Narben verblassen mit der Zeit. Doch auch sie bleiben. Erzählen eine Geschichte. Wir tragen sie mit. Und die Stelle rundum bleibt sensibel. Will geschützt werden.

Narben erinnern uns.

An Dinge, die nicht gut waren. An Ungerechtigkeit. An Schweres. Kaum Aushaltbares. Manchmal an Überleben.

Die Narben von Karfreitag

Wir stehen einige Wochen vor Ostern. Ich befasse mich in dieser Zeit jeweils gerne mit der Ostergeschichte. Schaue ungeschönt hin, was Jesus damals Grausames erlitten hat. Verletzungen, äussere und innere, die ich mir nicht einmal annähernd vorzustellen wage. Schlussendlich starb er daran.

Wir „feiern“ das am Karfreitag. Nur 3 Tage später geschieht jedoch Unglaubliches:

Jesus aufersteht von den Toten. Gott stellt wieder her.

Aus irgendeinem Grund jedoch, bleiben die Narben seiner Verletzungen sichtbar. Die Narben von Karfreitag, die nimmt Gott Jesus nicht weg. (Johannes 20,24).

Seine Narben erinnern uns.

Und bezeugen gleichzeitig.

Abgründe und Wiederherstellung.

Sie sind ein wichtiger Teil seiner Botschaft:

Dass heilen nicht vergessen bedeutet.

Sondern integrieren.

Ist das nicht auch genau so, mit Verletzungen, die unsere Seele erleidet?

Meine Narben

Wenn ich an meine eigene Lebensgeschichte denke, dann gibt es da durchaus Dinge, die Narben hinterlassen haben. Spuren, die ich nicht einfach mal so schnell wegwische und die mich teils bis heute, bis tief in meinen Alltag, begleiten.

Narben erinnern mich.

Daran, dass mein Schweres mit seiner Wiederherstellung verwoben wurde. Und daran, dass ich ohne Narben heute nicht an dem Ort im Leben stehen würde, an dem ich stehen darf. Dass es diese Wunden erst waren, die mir einen klaren Einblick in mein Innerstes gewährt haben und mir eine Tiefe offenlegten, die mir ansonsten wohl verborgen geblieben wäre.

Ja, Gott ist ein Gott, der wiederherstellt.

Aber er macht Narben in unserem Leben nicht weg.

Wie er auch die Narben an den Händen von Jesus nach seiner Auferstehung nicht einfach weg gemacht hat. Die Auferstehung war ein Neuanfang, der die Vergangenheit nicht ignorierte, sondern miteinbezog.

So wird vielleicht auch in unserem Leben nicht einfach alles wieder wie vorher.

Es wird neu.

Anders. Hoffnungsvoll. Tief.

 

PS: Die grösste sichtbare Narbe die meinen Körper zeichnet, ist übrigens die von einem Kaiserschnitt. Der Beweis, dass aus Wunden die wunderbarsten Dinge hervorkommen können. Der Blick auf diese Narbe erfüllt mich mit purer Dankbarkeit.

 

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2 Antworten

  1. Ja. wer hat schon keine Narben? Liebe Janine, du hast das so gut auf den Punkt gebracht. Was ich neulich gelernt habe, ist, „Wunden, Wunden sein zu lassen“, v.a. psychische, nicht darin zu grübeln, sie aber auch nicht zu verdrängen. Und ich denke, dabei hilft nur Verzeihung, gegenüber dem Menschen, der mir die Wunden zugefügt hat, immer, immer und immer wieder. Obwohl mich das am meisten Zoll kostet, und ich dies nur mit Gott Hilfe tun kann. So verheilen die Wunden von innen heraus schonender und es kann wirklich etwas Schönes daraus hervorgehen. ❤️

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