Advent. Für mich alle Jahre wieder eine Zeit, in der ich versuche, trotz aller Hektik, innerlich zur Ruhe zu kommen. Mit dem Wunsch, anzukommen und darüber nachzudenken, was wir genau feiern. Ich lese mich durch die Texte der Bibel, die auf die Geburt von Jesus hinweisen, oder darüber berichten. Eine Person berührt mich dabei in Lukas 1, 26-38 besonders:
Maria
Das Mami von Jesus.
In dem Moment, als der Engel von Gott ihr begegnet und ihr verkündet, dass sie Jesus auf die Welt bringen wird.
Maria war damals eine junge Frau, wahrscheinlich in ihren frühen Teenagerjahren. Wohnhaft im bis anhin unbedeutenden Dorf Nazareth. Gerade versprochen an ihren zukünftigen Mann, Josef. Und Jüdin.
Deshalb vielleicht sogar vertraut mit der Prophetie aus Jesaja 7,14:
«Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Jesus.»
Jesus. Auch die Bedeutung von diesem Namen dürfte sie verstanden haben: Erlöser.
Ob sie sich der Tragweite dieser Worte in diesem Moment bewusst war? Konnte sie das irgendwie auch nur entfernt einordnen?
Meine Teenager Jahre
Ich versuche mich zurückzuversetzen in meine eigenen Teenager Jahre. Die geprägt waren von Unsicherheiten in so ziemlich allen Lebensbereichen: von meiner beruflichen Zukunft über mein Liebesleben, bis hin zu meiner Identität. Ich wollte nicht auffallen. Und meine Komfortzone nicht allzu fest verlassen. Ich hatte Wünsche an mein Leben. Träume. Und gleichzeitig Angst, es nicht zu packen.
Und ich frage mich: was ging Maria in diesem Moment wohl alles durch den Kopf, als dieser Engel ihr erschien und verkündete, dass sie all ihre eigenen Vorstellungen über Bord werden soll? Die Verse 28-31 wirken beinahe ironisch:
«hab keine Angst Maria…, du wirst schwanger werden…»
Was hätte eine Schwangerschaft ohne Ehe und ohne Zutun von ihrem Verlobten wohl anders auslösen können als Angst und Unsicherheit?
Maria wird so nahbar, als sie den Engel völlig unverfroren zurückfragt:
«wie bitte soll das gehen? Ich bin ja schliesslich noch Jungfrau» (V34, eigene Interpretation)
Sie äusserte ihre Zweifel. Und Ängste.
Maria wurde bei dieser Begegnung mit dem Engel nicht nur viel gegeben und anvertraut. Sondern auch viel genommen. An Unbekümmertheit. An Sicherheit und Stabilität. Ihre Würde stand auf dem Spiel. Ebenso ihre Liebe zu Josef. Würde er weiterhin zu ihr stehen? Würde ihr Umfeld das Unglaubliche glauben?
Begegnung verändert
Und doch. Dieser Moment, diese Begegnung mit dem Engeln muss etwas ganz besonders gewesen sein. Der Engel scheint ihre Zweifel und Ängste ernst zu nehmen. Spricht ihr zu, dass Gott nicht von ihrer Seite weichen wird. Das griechische Wort für «überschatten» (episkiázō) in Vers 35 kann man auch übersetzen mit «in Glanz einhüllen».
Keine Ahnung, wie lange der Engel bei Maria war. Aber irgendwann im Verlauf von diesem Gespräch kommt Maria an den Punkt, an dem sie sich Gottes Plan für ihr Leben bewusst hingibt. Es sind offensichtlich noch nicht alle Fragen geklärt. Der steinige Weg beginnt erst. Aber Maria sagt «ja». Ja zu dem, was Gott für sie bereithält.
Ihre Antwort an den Engel in V38 berührt mich zutiefst:
«Ich bin die Dienerin des Herrn und beuge mich seinem Willen. Möge alles, was du gesagt hast, wahr werden und mir geschehen.»
Ich bewundere Maria für ihre Hingabe. Für ihren Mut. Für ihre Entschlossenheit. Und für ihr Vertrauen.
Manchmal werden wir in Situationen geschmissen, die uns überfordern. Denen wir nicht gewachsen sind. Vielleicht nicht ganz so arg wie bei Maria. Aber ich glaube wir alle kennen Momente, wo uns (zu) viel zugemutet wird.
Bin ich ebenso entschlossen, zu vertrauen, auch wenn noch nicht alles ist, wie es sein sollte? Mache ich mutig den nächsten Schritt, ohne zu wissen, was er bringt? Kann ich mich hingeben, auch wenn ich damit loslasse?
Nehme ich mir Zeit, einfach mal hinzuhören? Still zu werden und mich selbst zurückzunehmen?
Der Engel schliesst mit den Worten «Gott mit dir».
Was für eine weihnachtliche Erinnerung auch an uns: Gott mit uns.
Dieser Text ist in einer gekürzten Fassung in der Bibellese Zeitschrift «Atempause Adventsheft 2021» erschienen.
2 Antworten
wunderschöner, sehr bewegender Text…geht direkt ins Herz! Vielen lieben Dank, lichtvolle Janine!
Danke dir liebe Ersilia. Eine gesegnete Adventszeit dir!